2010-06-03

Verdun

Sollte man die Schrecken des Ersten Weltkriegs auf einen Ort reduzieren, würde wahrscheinlich "Verdun" von den meisten genannt. Aber weshalb?

Erst durch meinen Aufenthalt hier wurde mein eher diffuses Geschichtsbild durch Fakten strukturiert. Nach den ersten anderthalb Jahren eines zermürbenden Graben- und Stellungskrieges beschloss die deutsche Heeresleitung, einen scheinbar schwach gesicherten Abschnitt der französischen Verteidigungslinie anzugreifen und zu durchbrechen: Verdun. Zwischen 1916-02-21 und 1916-11-02 werden fast pausenlos die französischen Stellungen und die benachbarten Forts mit einem Granatenhagel überzogen, der nur während der Sturmangriffe der aus ihren Unterständen und Schützengräben herausspringenden Infanteristen unterbrochen wird. Das Ergebnis nach Monaten der Angriffe und Gegenangriffe, des Lebens im Schlamm und unter den Stahlgewittern: ungefähr 380000 tote französische und 330000 tote deutsche Soldaten allein in diesem Kampfabschnitt. Noch heute, fast 100 Jahre später, wirkt die Waldlandschaft wie eine Buckelpiste, allerdings fast senkrecht liegend, und lässt das Leiden der malträtierten Erde und der in ihr Schutz Suchenden erahnen.

Meine Ziele vor Ort:
- die unterirdische Zitadelle von Verdun
- das Beinhaus von Douaumont
- das Fort Douaumont

In der Zitadelle wird während einer Fahrt mit putzigen Wägelchen


versucht, das Leben in den Kasematten zu veranschaulichen.

Das Beinhaus (Ossuaire)


beherbergt die Gebeine von ca 130000 unbekannten Soldaten


und begrenzt einen Soldatenfriedhof, auf dem ca. 16000 namentlich bekannte französische Soldaten bestattet sind.


Die ungewöhnliche Form des Gebäudes soll ein Schwert darstellen, das bis zum Knauf in der Erde steckt. Sein Inneres bietet - neben den Gebeinen im Kellergewölbe - Platz für eine Kapelle, einen Aussichtsturm (hier der Blick in sein Inneres),


einen Kinosaal und eine Gedenkhalle, die neben Särgen auch großformatige Fotos einiger Veteranen


und eingemeißelt die Bezeichnungen der an der Verteidigung Verduns beteiligten Kompanien zeigt.


Mein Schlafplatz lag übrigens ungefähr 100 Meter von der Stelle entfernt, an der sich im September 1984 Mitterand und Kohl in einer symbolträchtigen Versöhnungsgeste an der Hand hielten.

Das Fort Douaumont galt als das bestgesichertste aller Befestigungsanlagen rund um Verdun. Entsprechend heiss umkämpft war diese Stellung, die zwar 1916-02-25 von deutschen Truppen erobert, aber 1916-10-24 von französischen Truppen zurückerobert wurde. Die Stollengänge


und einzelne Kasematten (wie hier der ehemalige Waschraum; die Stalagmiten und Stalaktiten zeugen von der unaufhörlichen Feuchtigkeit),


Maschinengewehr-Stände


und Geschütztürme (hier außen


und innen)


können heute besichtigt werden.

In den Außenanlagen sind vereinzelt noch Reste einstiger Schützengräben zu finden.

Mögen die heute hier einträchtig nebeneinander wehenden Flaggen der einst verfeindeten Staaten neben dem Symbol eines vereinten Europas ein hoffnungsvolles Zeichen sein


und dieser Wahnsinn der Kriege irgendwann nur noch in den Erinnerungen der Menschheit existieren ... 

1 Kommentare:

Blogger Dieter KAPP meinte...

Schoener Bericht Volker. Das hat mich motiviert, mich doch noch weiter mit dem Thema zu befassen und einige weitergehende Artikel in Wikipedia darueber zu lesen. Na jedenfalls bist Du ja damit schon bald wieder im Lande..
Gute Fahrt weiterhin. DK

3. Juni 2010 um 11:29  

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